Foto unseres Stifters Bernhard Hiergeist

Interview mit Bernhard Hiergeist

Stifter*innen vorgestellt

„Meine Zustiftung war eine Entscheidung aus dem Bauch heraus“

Stifter*innen vorgestellt: Bernhard Hiergeist, Jahrgang 1987, ist Journalist und lebt in München. Er berichtet im Interview, was sein Spezialgebiet Comedy mit Politik zu tun hat.

Bernhard, wie hast du von der Bewegungsstiftung erfahren?

Ich habe einen Artikel über euch in der Süddeutschen Zeitung gelesen und habe dann spontan die 5.000 Euro überwiesen.

Was hat dich überzeugt Stifter zu werden?

Ich habe auf eure Webseite geguckt und fand die Projekte gut, die ihr fördert. Das sind so viele, dass ich noch keinen umfassenden Überblick habe. Aber ich stoße immer wieder auf neue Förderprojekte, wo ich dann sage: Na, da schau an. Zum Beispiel der Verein „Bahn für alle“, der sich für eine bessere Bahn engagiert. Ich bin auch Bahnfahrer und finde das wichtig. Aber auch die Förderung von Flüchtlingshilfe und Bildungsgerechtigkeit hat mich überzeugt. Meine Zustiftung war eine Entscheidung aus dem Bauch heraus, und es hat sich im Nachhinein gezeigt, dass sie nicht falsch war.

Welche politischen Themen bewegen dich?

Natürlich Klimaschutz, aber auch die Ungleichheit in der Gesellschaft und das Thema Armut. Was mich als Journalist außerdem sehr umtreibt, ist das Thema Rechtsruck, Rechtsradikalismus und die Bewegung dahin auch im Diskurs. 

Schreibst du auch darüber?

Mein Spezialgebiet als freier Journalist ist Comedy und Kabarett. Man würde zuerst vermuten, dass das überhaupt nichts mit diesen Themen zu tun hat. Freunde sagen oft: Du hast es gut, schreibst immer über lustige Dinge und kannst dich unterhalten lassen. Aber das ist überhaupt nicht so. Wie unter einem Brennglas findest du in der Unterhaltungsindustrie alle politischen Themen. Zum Beispiel Ungleichheit: Wer kann es sich überhaupt leisten, einen prekär bezahlten Kulturberuf anzunehmen? Oder Diversität: Warum stehen immer nur Männer auf der Bühne? Das ist ein großes Thema in der Stand-Up-Comedy-Szene. Wenn von zehn Auftretenden eine Frau dabei ist, dann ist das schon gut. Dann gibt es in den USA – aber auch in Deutschland – Comedians, die bislang unsagbare Dinge in das Zentrum der Gesellschaft rücken und dann sagen: Ist ja alles nur ein Witz. Manche denken sich gar nichts dabei. Aber im Ergebnis verschiebt es den Diskurs und zwar meistens nach rechts."

Nochmal zurück zur Stiftung: Du bist seit einem halben Jahr dabei. Welchen Eindruck hast du?

Die Stiftung wirkt auf mich wie eine gut geölte Maschinerie, die läuft und gut funktioniert. Da muss man als Neuer erst einmal seinen Platz finden. Bisher habe ich an einem Online-Treffen von Stifter*innen teilgenommen. Ich würde mich auch gerne in der Arbeitsgemeinschaft zum herrschaftskritischen Diversitätsprozess engagieren, wenn es meine Zeit zulässt.

Warum findest du die AG wichtig?

Mein Eindruck von außen ist: Die Bewegungsstiftung will das Thema grundsätzlich anpacken, nicht so wie einige Konzerne, die sich Diversität als Etikett aufkleben und sagen: Schaut mal, jetzt sind auch ein paar Frauen dabei. Bei der Bewegungsstiftung geht der Prozess tiefer, und das finde ich gut. Vielen Organisationen fällt es schwer, auf die eigenen blinden Flecken zu schauen. Man will nicht gerne gesagt kriegen: Übrigens ihr seid ja auch mehrheitlich weiß und männlich. Da habe ich den Eindruck, dass die Stiftung sich was sagen lässt und die Menschen fragt, die es besser wissen.

Was wünschst du der Bewegungsstiftung für die Zukunft?

Eigentlich wäre es das Beste, wenn es die Stiftung irgendwann nicht mehr geben muss. Denn es sind ja die Versäumnisse in der Gesellschaft und in der Politik, die soziale Bewegungen anprangern und wo sie bei ihrer Arbeit von der Stiftung unterstützt werden. Das Beste für die Stiftung wäre also, wenn sie sich irgendwann überflüssig machen könnte. Das ist ziemlich sicher ein utopisches Szenario. Abgesehen davon finde ich, ist die Stiftung auf einem guten Weg.