Gruppenfoto von einem Stiftungstreffen der Bewegungsstiftung
Gruppenfoto von einem Stiftungstreffen der Bewegungsstiftung

Hoch die Steuern!

Süddeutsche Zeitung, 12.06.2021

Es gibt immer mehr Superreiche in Deutschland, die immer weniger abgeben müssen. Einigen von ihnen reicht es jetzt – sie wollen endlich mehr bezahlen. Zu Besuch bei Millionären, die nur mal kurz die Welt retten wollen

Von Sonja Zekri

Eine Woche mit Superreichen, einem Selfmade-Millionär und zwei Erben, die zusammen ein Vermögen im zwei-, vielleicht auch im dreistelligen Millionenbereich besitzen – so etwas ist schwer zu sagen, die Deutschen reden eher über Sex als über Geld, auch diese Reichen werden im oberen Bereich ein bisschen vage-, eine Woche mit Superreichen also. […]

Die gute Nachricht: Diese Reichen haben einen Ausweg gefunden, für sich und alle anderen. Sie fordern in einem in der Süddeutschen Zeitung und im österreichischen Standard veröffentlichten Appell, dass der Staat ihnen durch Steuern und Abgaben mehr Geld abnimmt. Damit machen sie sich unter den anderen Reichen keine Freunde.

Die Frage ist natürlich warum unterschreibt ein Millionär ein solches Papier?

Aber bevor es um fiskalische Details geht, kurz zur Anamnese. Sie ist, drei Monate vor der Bundestagswahl, desaströs. Zehn Prozent der Bevölkerung in Deutschland besitzen zwei Drittel des Nettovermögen, das oberste Prozent allein 35 Prozent, so hat es das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin berechnet. 20, je nach Studie auch 40 Prozent der Deutschen hingegen haben keine Rücklagen, dafür womögliche Schulden. […]

Ralph Suikat kennt noch mehr Zahlen. Dass die Lebenserwartung eines Reichen um acht bis zehn Jahre höher liegt als die eines Armen. Dass ein Managergehalt früher 20 bis 30 Mal so hoch war wie ein Durchschnittseinkommen, aber heute 200, 300, 1000 Mal so hoch. „Warum zahlen wir den Menschen, die auf unser Geld aufpassen, so viel mehr als den Menschen, die auf unsere Kinder aufpassen? Das ist mit der Leistung nicht ansatzweise zu erklären.“ […]

„#taxmenow“ heißt der Appell, den er mit einem guten Dutzend Mitstreiter entworfen hat, die sich alle in der „Bewegungsstiftung“ organisieren, einem Fonds von 200 Vermögenden, die Gerechtigkeit, Ökologie, Demokratie, Frieden und andere Menschheitsträume fördern wollen. 36 Vermögende aus Deutschland und Österreich haben „Tax me now“ unterzeichnet, Millionäre aus dem Rest Europas sollen hinzukommen.

„Corona verstärkt Ungleichheit, verschärft Gesundheitsrisiken, reduziert Bildungschancen für Arme, während manche Vermögende und Unternehmen zu den Krisengewinnern gehören und in der Krise noch reicher geworden sind“, heißt es da: „Wir sind Vermögende und setzen uns für eine höhere Besteuerung von Vermögen ein, um mehr Chancen, Teilhabe und Zukunftsinvestitionen für alle zu ermöglichen.“ Basierend auf Recherchen und Ideen der Initiative Steuergerechtigkeit fordert „Tax me now“ unter anderem eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer, weniger Ausnahmen bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer, eine Vermögensabgabe und striktere Regeln gegen Steuerhinterziehung. [...]

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