Foto unseres Bewegungsarbeiters Rex Osa

Rex Osa

Kein Mensch soll fliehen müssen – aber jeder migrieren dürfen. Der Bewegungsarbeiter Rex Osa (Jahrgang 1973) will daher Fluchtursachen im Herkunftsland genauso wie in Deutschland bekämpfen und Zusammenhänge zwischen wirtschaftlichen und politischen Vorgängen sichtbar machen.

Politisch verfolgt in Nigeria, flüchtete Rex Osa 2005 nach Deutschland und stellte hier einen Antrag auf politisches Asyl. Als Asylbewerber erwarteten ihn statt Schutz jedoch Misstrauen und Ablehnung, und ihm drohte die Abschiebung. Die Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nahm Rex als Polizeiverhör wahr. Der zuständige Sachbearbeiter hörte ihn nicht an, sondern konfrontierte ihn mit Anschuldigungen. Entscheidungen wurden unnötig verzögert, das Regierungspräsidium Tübingen verweigerte seiner Anwältin Akteneinsicht und das Verwaltungsgericht Sigmaringen hielt eine zweistündige Gerichtsverhandlung gänzlich ohne Protokoll ab. Mit einem fairen Verfahren habe das nichts zu tun gehabt. „Asylbewerber sind in eine Maschinerie aus Kontrolle und Diskriminierung geraten“, erklärt Rex Osa.

Statt allerdings die ihm zugewiesene Rolle zu akzeptieren, brach er sein Schweigen und suchte nach politischen Kontakten. So lernte er 2007 die Flüchtlingsselbstorganisation  „The Voice“ kennen.

Er beteiligte sich an der Aufklärung des Todes von Oury Jalloh, der 2005 in Polizeigewahrsam verbrannt war. Von 2008 bis 2010 war Rex an der Kampagne für die Schließung des Asylbewerberheims in Katzhütte, in dem unhaltbare hygienische Zustände herrschten, beteiligt. „Der Austausch mit den anderen Aktiven sorgte bei mir für einen Motivationsschub“, berichtet Rex Osa im Rückblick. „Mir wurde klar, dass Rechte letztlich nur von den Betroffenen selbst erkämpft werden können.“

Deshalb war Rex Osa ab 2010 maßgeblich in der „Break Isolation“-Kampagne aktiv, dier er zusammen mit „The Voice“ initiiert hatte. Ziel war es, die Zustände in den Flüchtlingswohnheimen auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. So sensibilisierte Rex andere in Lagern lebende Flüchtlinge für das Thema und organisierte gemeinsam mit ihnen beispielsweise Grillabende, zu denen sie die Nachbarn der jeweiligen Heime einluden, um die Barriere zwischen „den da drinnen“ und „den da draußen“ aufzubrechen. Die Kampagne trug nicht nur zum Empowerment der Flüchtlinge bei, sondern machte auch innerhalb der Flüchtlings-Community sowie der Soli-Gruppen aus der Antira-Bewegung deutlich, wie wichtig die Selbstorganisierung der Flüchtlinge ist, die ihre Geschichte jeweils besser erzählen und besser für ihre Rechte kämpfen können als dies eine dritte Partei tun kann. Auch haben sich durch das Aufbrechen der Barrieren Freundschaften zwischen Heimbewohnern und Menschen aus der Nachbarschaft entwickelt, die teilweise bis heute bestehen.

Seit Beginn der Kampagne hat Rex auf vielen Diskussionsveranstaltungen immer wieder auf die Lebensrealität von Flüchtlingen in Lagern aufmerksam gemacht sowie darauf, dass die Flüchtlingsselbstorganisation im Mittelpunkt der Kämpfe um Flüchtlingsrechte stehen muss.

Rex war außerdem Teil eines EU-weiten Anitabschiebungsnetzwerks, das die Sammelabschiebungspraxis der EU mit Frontex als federführender Agentur öffentlich machte. Noch immer organisiert er Antiabschiebungsworkshops, in denen Flüchtlinge darüber informiert werden, wie sie sich gegen die Abschiebung als Individuum aber auch als Gruppe zur Wehr setzen können.

Zu seinen Erfahrungen mit den Abschiebungen in Deutschland gehört eine Praxis, die Rex Osa bereits seit vielen Jahren besonders vehement anprangert: So wehrt er sich mit der Kampagne „Refugee Country embassy deportation collaboration“ gegen sogenannte Botschaftszwangsanhörungen. Dabei werden Flüchtlinge, die keinen Identitätsnachweis vorlegen, ohne ihre Einwilligung unter Anwendung von Zwang von der Polizei zu einer (schwarzafrikanischen) Botschaft gebracht und von den dortigen Mitarbeitern anhand von Gesichtsmerkmalen, Hautfarbe oder Akzent identifiziert – oder auch nicht. Die nigerianische Botschaft stellt nach Angaben von Rex Osa immer wieder nigerianische Pässe aus, die Grundlage für eine Abschiebung nach Nigeria sind. Grundlage ist ein Rückübernahmeabkommen, das Deutschland mit Nigeria getroffen hat, wie bereits einige Medien berichtet haben.

Den Austausch mit anderen Flüchtlingen und Flüchtlingsaktivisten möchte Rex Osa nun in einem noch größeren Rahmen ermöglichen. Im Frühjahr 2014 flog er daher nach Westafrika, um dort ein Netzwerk mit Menschen zu knüpfen, die nach ihrer Flucht nach Europa wieder abgeschoben wurden. Das Netzwerk soll abgeschobene Flüchtlinge in Westafrika und die Flüchtlingsbewegung hier in Europa verbinden. Das Netzwerk soll auch dazu dienen, konkrete Abschiebeerfahrungen zu teilen: Abgeschobene Flüchtlinge sollen denen, die in Europa noch Asyl suchen, von ihren Erfahrungen mit der Abschiebung berichten. Nicht, um sie abzuschrecken, sondern damit ihre Erwartungen auf eine realistische Ebene gehoben werden und die Asylbewerber in Deutschland und Europa ihre Hoffnungen den tatsächlichen Gegebenheiten anpassen. Für eine weitere Reise in diesem Jahr sucht Rex Mitreisende und motivierte Menschen, die Interesse haben, sich am Aufbau des Netzwerkes zu beteiligen.

Darüber hinaus plant Rex Osa eine Kampagne zu Fluchtursachen: Dazu mobilisiert er zur Zeit weitere Flüchtlinge für eine Flüchtlingstour, um auf politische und wirtschaftliche Akteure aufmerksam zu machen, deren Handeln letztlich für die Flucht vieler Menschen aus ihrer Heimat verantwortlich ist. Die erste Flüchtlingstour will Rex Osa zu Waffenfirmen organisieren, die mit ihren Waffenexporten dafür sorgen, dass Kriege geführt werden und weitergeführt werden können. Weitere Aktionen sind gegen multinationale Konzerne wie Monsanto geplant, die die Landwirtschaft als Industriezweig begreifen und damit Kleinbauern die Arbeit und damit ihre Lebensgrundlage wegnehmen.

Rex Osa hat die deutsche Flüchtlingsbewegung auf verschiedenen internationalen Veranstaltungen vertreten. So war er 2012 auf dem Internationalen Tribunal in Manila, auf dem Menschenrechtsverletzungen der verschiedenen UN-Staaten gegenüber Migranten angeprangert wurden und das sich an die Vertreter auf dem parallel stattfindenen UN-Kommittee Global Forum for Migration and development richtete. Rex nahm außerdem am Weltsozialforum Migration in Manila 2012 teil und dem Weltsozialforum in Tunesien 2013. Er vertrat die Rechte von Flüchtlingen auf der Internationalen Versammlung von Migranten und Flüchtlingen in New York 2013, auf dem Weltsozialforum Migration in Südafrika 2014 und auf vielen anderen Veranstaltungen der Flüchtlingsbewegung in Europa und weltweit.

Auch wenn er selbst zurzeit nicht mehr von Abschiebung bedroht ist, ändert das nichts an seinem Engagement: „Dass ich heute noch in Deutschland bin und hier bleiben darf, wurde nur dadurch möglich, weil ich mich gegen Pseudo-Bürokratie gewehrt habe und mich seit Jahren gegen Abschiebungen engagiere. Viele Flüchtlinge haben nicht den Mut, sich gegen die staatliche Repression zu wehren, doch das muss sich ändern.

Deshalb sagt er heute:

„Ich sehe es als meine Pflicht, denen zu helfen, die sich nicht wehren können, und gegen Ungerechtigkeit und Ausgrenzung zu kämpfen.“ Zwar kennt Rex Frustrationen und Enttäuschungen. Aber er sieht auch Zeichen der Veränderung, zu denen er selbst beigetragen hat: So organisierte er immer mehr Flüchtlinge, um das Thema in die Öffentlichkeit getragen.“ Das Credo seiner politischen Arbeit lautet: „Wir können die Welt nicht an einem Tag verändern. Deshalb schätze ich jeden kleinen Schritt und gebe selbst mein Bestes.“